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24.02.22 –
Liebe Leserinnen und Leser,
wie bereits im Vorjahr haben sich die Mitglieder des Gemeinderates auch in diesem Jahr darauf geeinigt, die Haushaltreden nicht im Plenum zu halten, sondern nur schriftlich zu veröffentlichen. Bürgermeister Jens Spanberger hat bereits in seiner Stellungnahme bei der Einbringung des Gemeindehaushaltes die wesentlichen Eckpunkte genannt. Für die Aufstellung des Gemeindehaushaltes 2022 möchte ich mich im Namen der Grünen Fraktion bei der Gemeindeverwaltung, insbesondere bei Rechnungsamtsleiter Sascha Lang und seinem Stellvertreter Stefan Schumacher bedanken.
Auch der Haushalt 2022 ist wie im Vorjahr geprägt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie, wodurch die Steuereinnahmen weiterhin niedriger sind, als Schätzungen aus Zeiten vor Ausbruch der Pandemie prognostizierten. Erfreulicherweise verliefen die Haushaltsjahre 2020 und 2021 deutlich besser als geplant, da Bund und Land Einnahmeausfälle der Kommunen kompensierten und sich die Steuereinnahmen insgesamt deutlich besser entwickelten, als bei Ausbruch der Pandemie befürchtet. Außerdem stoppte die Gemeindeverwaltung einige Investitionsmaßnahmen und Unterhaltungsaufwendungen. Von veranschlagten Investitionsauszahlungen in Höhe von ca. 3,4 Mio. € wurden lediglich ca. 1,95 Mio. € in Anspruch genommen. Daher war im Jahr 2021 keine Kreditaufnahme erforderlich. Abzüglich der geleisteten Tilgungen verringerte sich die Verschuldung zum 1.1.2022 auf 5,5 Mio. €, was bei 8720 Einwohnern in der Gesamtgemeinde einer Pro-Kopf-Verschuldung von 631 € entspricht. Ein erfreuliches Ergebnis!
Allerdings sagt der Schuldenstand allein wenig über die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde aus, denn aufgeschobene Investitionen müssen in den nächsten Jahren nachgeholt werden.
Große Herausforderungen liegen vor uns. Die mittelfristige Investitionsplanung von 2022 bis 2025 sieht Ausgaben von insgesamt rund 29 Mio. € vor. Abzüglich 11 Mio. € geplanter Förderzuwendungen bleibt ein Finanzierungsbedarf aus Eigenmitteln des Gemeindehaushaltes von rund 18 Mio. €. Die größten Brocken sind dabei Investitionen in unsere Schullandschaft von rund 13 Mio. €. So muss sich die Gemeinde darauf einstellen, dass es ab dem Schuljahr 2026/2027 einen bundesweiten Rechtsanspruch auf eine Ganztagesbetreuung in der Grundschule geben soll. Die Planungen für den Neubau der Grundschule in Tairnbach sind bereits vorangeschritten. Ob die Grundschule in Mühlhausen saniert werden kann oder aus wirtschaftlichen Gründen besser zusammen mit der Erweiterung der Kraichgauschule neu gebaut werden wird, werden die weiteren Planungen zeigen. Immerhin liegen Kostenschätzungen bereits vor und sind in der mittelfristigen Investitionsplanung des Haushalts enthalten. Die große finanzielle Unbekannte liegt jedoch im Untergrund. Die Kanal- und Straßensanierungsmaßnahmen in der Sternweiler-, der Berg- und Friedhofsstraße sind Beispiele dafür, wie schnell Millionen-Investitionen plötzlich nötig werden können, wenn nach einer Videoanalyse des Kanalnetzes dringender Sanierungsbedarf attestiert wird.
Da die Gemeinde so hohe Investitionssummen innerhalb des Planungshorizonts nicht aus dem Haushalt erwirtschaften kann, werden Kreditaufnahmen benötigt werden. Laut aktueller Planung wird die Verschuldung im nächsten Jahr auf 7,3 Mio € und bis 2025 auf 13,8 Mio. € ansteigen, d.h. die Verschuldung wird sich laut Planung um 250 % erhöhen. Dies ist zwar keine schöne Aussicht, aber kein Grund zur Panik. Wichtig ist, dass die geplanten Baumaßnahmen nachhaltig umgesetzt werden, d.h. Langlebigkeit, Energieeffizienz und leichte Anpassbarkeit neuer Gebäude auf zukünftige Anforderungen sind sehr wichtig. Solange die Zinsen niedrig bleiben und die Konjunktur weiterhin rund läuft, besteht keine Gefahr der Überschuldung. Es besteht sogar das Prinzip Hoffnung, dass die Haushalte im Planungszeitraum wie in den Vorjahren deutlich besser abschneiden werden, so dass bis 2025 bei weitem nicht der skizzierte Kreditrahmen ausgeschöpft werden muss.
Die aktuell erhöhte Inflation könnte dabei Fluch und Segen zugleich sein. Hätten wir bereits heute die großen Investitionen abgeschlossen und die dafür benötigten Kredite auf dem aktuell niedrigen Zinsniveau langfristig festgeschrieben, würde der durch die Inflation bedingte Kaufkraftverlust automatisch zur Entschuldung beitragen, denn höhere Preise bescheren dem Staat bei gleichbleibender Konjunktur automatisch mehr Steuereinnahmen. Andererseits steigen die Preise in der Bauwirtschaft kräftig. Es hängt jetzt davon ab, zu welchen Konditionen die Bauaufträge vergeben werden können.
Grundsätzlich muss strikt die Langfristplanung eingehalten werden, nach Abschluss der großen Investitionsvorhaben ab dem Jahr 2025 die Verschuldung wieder abzubauen, denn das Zinsniveau kann auch wieder steigen, was den finanziellen Spielraum verschuldeter Kommunen stark einschränken würde.
Im Plattdeutschen pflegt man die Redensart „Wat mutt, dat mutt.“ Auf unsere Situation angewendet bedeutet dies: Die Sanierung kaputter Kanalisation ist Pflicht und kann nicht aufgeschoben werden. Die Schulen im Ort sind wichtiger Bestandteil der Infrastruktur und für die Attraktivität einer Gemeinde sehr wichtig. In jedem Ortsteil soll es auch in Zukunft eine moderne Grundschule geben. Die Kraichgauschule bietet darüber hinaus attraktive Bildungschancen einer weiterführenden Schule.
Die Grüne Fraktion steht zu den geplanten Investitionen in unsere Schullandschaft. Weiterhin gute Haushaltsabschlüsse werden uns dabei helfen, die Investitionen mit möglichst geringer Kreditaufnahme zu finanzieren. Dafür werden wir jeden Ausgabenposten auch in Zukunft kritisch überprüfen müssen, denn die Zeiten von ‚Nice to have‘ sind vorbei.
Sehr positiv bewerten wir die Planungen für weitere Photovoltaikanlagen auf kommunalen Liegenschaften wie dem Bürgerhaus und der Kraichgauhalle, deren Dach zu diesem Zweck saniert werden soll. Im Gebäudebestand muss die energetische Sanierung dringend vorangetrieben werden, denn aktuell hohe Heizkosten zeigen, wie schnell sich gut ausgeführte Wärmedämmung amortisieren kann.
Die Grüne Fraktion stimmt dem Gemeindehaushalt 2022 zu.
Kategorie
2022 | Finanzen | Gemeinderat